Interview mit Matt Heafy von Trivium

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2003 legten die inzwischen allseits bekannten TRIVIUM mit „Ember To Inferno“ den Grundstein für ihre spätere Karriere als eine der erfolgreichsten modernen Metal-Bands. Den Re-Release dieses vielversprechenden Debüts haben wir uns zum Anlass genommen, mit ihrem charismatischen Frontmann Matt Heafy ein Interview zu führen. In den folgenden Zeilen lest ihr alles, was ihr über „Ember“, die Zeit kurz davor und danach, Matts inzwischen überwundenen Gesangsprobleme und seine Sicht auf die musikalische Entwicklung der Band wissen müsst.

2003 habt ihr euer vielversprechendes Debüt „Ember To Inferno“ veröffentlicht. Nun habt ihr ein Re-Release unter dem Titel „Ember To Inferno: Ab Initio“ herausgebracht. Warum war es euch wichtig, die Platte erneut zu veröffentlichen?
Als das Album ursprünglich veröffentlicht wurde, war es in unserer Heimatstadt nur schwer zu finden, sogar in den gesamten USA. Als dann der Vertrieb ausgeweitet wurde, war „Ascendancy“ gerade erschienen – was dann den Release von „Ember“ überschattet hat. Als ich schließlich die Rechte an „Ember To Inferno“ wiederbekam, wusste ich, dass ich dem Album den Release verpassen wollte, den es schon immer verdient hat.

Angekündigt habt ihr den Re-Release schon im Dezember 2014. Wieso musste man dann doch noch zwei Jahre darauf warten?
Das hatte mit der Planung des Zeitpunktes und der Art des Releases zu tun. Meine Management-Firma und ich wollten, dass „Ember“ über ein Label veröffentlicht wird, das ganz mir gehört. Die Recherche und das Ausklügeln der richtigen Plattform brauchten dann ein paar Jahre. Schließlich taten sich 5B Management und Cooking Vinyl zusammen, um in meinem Kiichi Chaos Label die Promotion und den Vertrieb zu übernehmen.

13 Jahre sind seit dem Erscheinen eures Debüts vergangen. Wieso war gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für den Re-Release?
Als ich die Rechte an „Ember To Inferno“ zurückbekam, ging es um das richtige Timing. Wir von TRIVIUM haben uns überlegt, wie der Release von „Ember“ in unseren Zeitplan passt. Dafür bot sich das Ende des „Silence In The Snow“-Zyklus an. Anstatt „Ember“ einfach nur so wiederzuveröffentlichen, wie es war – konserviert, wenn man so will –, wollten wir außerdem noch eine Special Edition kreieren, die verschiedene Releases aus der Zeit vor und nach dem Album enthält, um dem Hörer einen genauen Eindruck davon zu verschaffen, wie TRIVIUM bis kurz vor „Ascendancy“ klangen. „Ab Initio“ ist ja auch lateinisch und bedeutet „von Anfang an“.

Damals wart ihr noch ein Trio, Corey Beaulieu stieß erst später dazu. Allerdings habt ihr ein paar Gastmusiker engagiert. Wieso nicht gleich ein viertes Mitglied?
Als TRIVIUM das erste Mal probten, waren sie ein Quintett, dann verließ sie ihr erster Gitarrist. Sie ließen ein paar Leute vorspielen und ich wurde in die Band aufgenommen. Dann verließ uns unser erster Leadsänger und wir fanden keinen Ersatz, also übernahm ich den Part. Unser Line-Up veränderte sich mehrmals, mal waren wir zu dritt, dann zu viert. Zur Zeit von „Ember“ waren wir halt zufällig gerade ein Trio. Corey stellte sich erst danach der Band vor, davor hatten wir einfach niemand passenden gefunden.

Du wolltest ja anfangs gar nicht singen und hattest dann auch wirklich Probleme mit deiner Stimme. Du hast deswegen vor einiger Zeit einen Vocal-Coach in Anspruch genommen. Wie geht es deiner Stimme jetzt?
Meiner Stimme geht es jetzt fantastisch. Ich kann besser singen und screamen als je zuvor – so lange ich will, und das so oft in der Woche wie nötig. Die Screaming-Technik, die ich benutzt hatte, seit ich zwölf war, war völlig falsch. Meine Gesangtechnik war größtenteils ebenfalls falsch. Ich habe mir jahrelang die Stimmbänder zerfetzt, am Ende des „Vengeance Falls“-Zyklus haben sie dann schließlich den Geist aufgegeben. Das war eine furchtbare Zeit in meinem Leben. Ich dachte wirklich, mit mir als Sänger wäre es nun gelaufen. Glücklicherweise fragte Matt von Avenged Sevenfold, ob mit mir alles ok sei, und verwies mich an seinen Gesangstrainer. Seit ich mit Ron Anderson trainiere, ist alles wieder im Lot. Wenn wir gerade nicht touren, trainiere ich meine Stimme fünf bis sechsmal die Woche, jeweils zwei bis vier Stunden am Tag, Gesang und Screaming.

Mit Songs wie dem Titeltrack, „Pillars Of Serpents“ oder „To Burn The Eye“ habt ihr schon damals, zur Zeit eures Debüts, ein paar echte Klassiker geschrieben. Welcher ist denn bis heute dein Lieblingstrack des Albums?
Meine momentanen Favoriten sind: „If I Could Collapse The Masses“, „When All Light Dies“ und „Falling To Grey“.

„Pain“ und „Lake Of Fire“ mit ihren Clean-Gitarren und das stampfende „Thrust“ könnten auch von einer anderen Band sein. Hattet ihr damals noch nicht ganz euren Sound gefunden?
In dieser Frage muss ich dir völlig widersprechen. Ich finde, wenn man auf diese Songs zurückblickt, erkennt man schon sehr klar die Blaupause und den Archetyp für das, was TRIVIUM später werden würden. „Thrust“ nimmt den minimlistischen Platz ein, den „Dying In Your Arms“ auf „Ascendancy“ oder „Until The World Goes Cold“ auf „Silence“ später für sich beanspruchen würden. „Pain“ und „Lake Of Fire“ setzen sich aus ähnlichen Zutaten zusammen wie unsere späteren Tracks: Brutalität, Melodie, Eingängigkeit, Herzlichkeit. Klar, man hört da noch mehr von den klassischen Bands heraus, die TRIVIUM damals beeinflusst hatten – noch bevor wir überhaupt wussten, was Melodic Death Metal oder Metalcore war. Aber ich höre zu 100 Prozent TRIVIUM in diesen Songs und ich kenne TRIVIUM besser als jeder andere.

„Blinding Tears Will Break The Skies“ konnte man schon als Bonus bei „Ember To Inferno“ und „Ascendancy“ hören, allerdings wurde er auf keinem Album ein Standard-Track. Warum nicht?
Leider hat er’s einfach nicht drauf geschafft. Ich liebe „Blinding“, aber zu der Zeit hatten wir wohl das Gefühl, dass der Rest auf „Ascendancy“ besser ist als dieser Song.

Das darauffolgende „Ascendancy“ war quasi euer Durchbruch. Hast du das Gefühl, dass deshalb zu viele Fans euer Debüt übersehen und euch erst ab „Ascendancy“ kennen?
Absolut, deshalb ja der Re-Release von „Ember“.

Kannst du dich noch daran erinnern, welche Musik du damals am meisten gehört hast?
Während der roten Demo waren es Metallica, Megadeth, Pantera, Slayer und Testament. Während der blauen Demo entdeckten wir dann In Flames, At The Gates, Dark Tranquillity und Soilwork für uns. Zur Zeit von „Ember“ kamen dann Poison The Well, Caliban, Heaven Shall Burn, Converge und Hatebreed dazu, was unseren Sound in Verbindung mit unseren bisherigen Einflüssen massiv neu formte. Auf der gelben Demo fanden wir durch die Vermischung dieser Einflüsse unseren eigenen Sound.

Ihr habt euch über die Jahre immer sehr gegen eine Kategorisierung als „Metalcore“ gesträubt, der Thrash und Heavy Metal waren viel mehr euer Zuhause. Ein bisschen Metalcore war aber schon dabei – ein paar Breakdowns, Screams und Cleans. Wieso habt ihr diese Stilmittel genutzt, wenn euch „Metalcore“ zuwider war?
Ich habe mich immer gegen jede Kategorisierung von TRIVIUM gesträubt, weil wir über jede einfache Einordnung in ein Genre hinausgehen. Weit gefasst sind wir eine Metal-Band. Aber wir sind beeinflusst von Melodic Death, Death, Metalcore, Hardcore, Black Metal – und das ist nur der Metal. Unsere Geschmäcker gehen noch weit darüber hinaus. Ich liebe Metalcore und ja, da ist Metalcore in unserem Sound. Aber es ist nicht nur Metalcore. Jeder, der meint, „Ascendancy“ sei reiner Metalcore, hat offensichtlich keine Ahnung davon, wie Death, Martyr oder In Flames klingen.

„Ember To Inferno“ wurde über das deutsche Label Lifeforce veröffentlicht. Wie seid ihr an dieses Label geraten?
Lifeforce entdeckte uns über unseren alten Webmaster. Fredrik kümmerte sich damals auch um die Seite von In Flames. Er gab unsere blaue Demo an Stefan von Lifeforce weiter.

Wie kam es dazu, dass ihr danach zu Roadrunner Records kamt?
Monte Conner hörte unseren Track „If I Could Collapse The Masses“ auf einem Compilation-Album und kontaktierte uns danach. Er zeigte sich zögerlich an der Band interessiert. Als wir das erfuhren, schrieben und nahmen wir die gelbe Demo auf. Als Monte und Roadrunner diese hörten, nahmen sie uns gleich unter Vertrag.

Ihr habt euren Sound über die Jahre immer wieder verändert und neu ausgerichtet. „Ember To Inferno“ ist stilistisch weit von „Silence In The Snow“ entfernt. Wisst ihr schon, in welche Richtung die Reise weitergeht?
Wir haben unseren „Sound“ nicht „über die Jahre immer wieder verändert“. Es war eine bewusste Entwicklung, über den Tellerrand zu schauen und nicht einfach nur jedes Mal dasselbe Album zu veröffentlichen. Es war keine Veränderung um ihrer selbst willen. Es ging immer darum, zu erforschen, wie weit die Bandbreite unserer Musik ist. Wir lassen unsere Songs und Alben sich selbst entwickeln. Wir erzwingen keine Kreativität.

Dann kommen wir schon langsam zum Ende des Interviews. Als Abschluss würde ich dich noch darum bitten, bei unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming mitzumachen. Sag uns bitte, was dir zu den folgenden Begriffen einfällt:
Funken: Glut
Feuer: Inferno
„Hardwired… To Selfdestruct“: Großartig
Liebstes Album aus 2003: Opeth – „Damnation“
Thrash Metal: Exodus

Vielen Dank nochmal für dieses Interview. Die letzten Worte sollen dir gehören:
Danke euch allen für eure Unterstützung. Bitte erzählt auch weiterhin in eurem Umfeld von TRIVIUM.

Publiziert am von Stephan Rajchl

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